Wiederansiedlung des Edelkrebses
Der Edelkrebs (Astacus astacus) als größter heimischer Vertreten der Großkrebse in Mitteleuropa soll in unseren Gewässern wieder heimisch werden. Das Projekt wird von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gefördert.
Hintergrund
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Krebspest in Europa eingeschleppt, was zu einem weitreichenden Massensterben führte. Ein Fadenpilz schwächt und tötet die befallenen Tiere in sehr kurzer Zeit. Die anfänglichen, nicht heimischen Wirte der Krebspest, Kamberkrebs (Orconectes limosus), Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus), Marmorkrebs (Procambarus sp.) und Roter Amerikanischer Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) sind gegen den Erreger immun. Spätestens um 1900 war der Edelkrebs in Niedersachsen weitgehend verschwunden.
Bis auf wenige Restpopulationen ist er heute in Niedersachsen vom Ausstreben bedroht (Rote Liste Nds. Kategorie 1). Eine eigenständige Wiederverbreitung der Art aus den isolierten Restbeständen ist sehr unwahrscheinlich, weshalb gezielte Besatzmaßnahmen in möglichst isolierte Gewässer empfohlen werden. Wichtig ist, dass diese Gewässer frei von den oben genannten nicht heimischen Großkrebsen (und damit der Krebspest) sind und nicht ohne weiteres erreicht werden können.
Lebensraum und Lebensweise
Der Edelkrebs fühlt sich sommerwarmen, strukturreichen Fließ- und auch Stillgewässern wohl. Die dämmerungs- und nachtaktiven Tiere sind sehr standorttreu und verstecken sich tagsüber in Wohnhöhlen oder anderen Unterständen. Die Wassertemperaturen müssen mindestens 15 °C erreichen, da sich sonst die Geschlechtsorgane nicht entwickeln. Die Paarungszeit liegt im Oktober/November. Nach der Eiablage trägt das Weibchen diese an seinem Hinterleib und zieht sich bis zum Schlupf der wenige Millimeter großen Jungtiere in ein Versteck zurück.
Obwohl sie Allesfresser sind, ziehen Edelkrebse generell pflanzliche Nahrung vor. Im Wesentlichen besteht der Speiseplan aus Algen, Armleuchteralgen, Wassermoosen und weichblättrige Wasserpflanzen wie Laichkräutern oder Wasserstern. Wenn es doch einmal tierische Nahrung sein soll, dann werden Wasserschnecken, Egel und Laven von Köcher oder Eintagsfliegenlarven vertilgt. Gesunde Fische stehen nicht auf dem Speiseplan, wogegen Edelkrebse als „Gesundheitspolizei“ im Gewässer für die Beseitigung kranker oder bereits abgestorbenen Fischen eine bedeutende Rolle spielen.
Besatzgewässer
- Krummes Wasser bei Kuventhal (strukturreicher, dynamischer Mittelgebirgsbach)
- Kolonieteich in Einbeck (künstliches Stillgewässer, ehemalige Tonkuhle)
Projektablauf und -ziel
- Beprobung der zu besetzenden Gewässer mittels der so genannten eDNA-Analyse (environmental DNA, Umwelt-DNA Verfahren), um die Freiheit von der Krebspest zu überprüfen.
→ Die Beprobung der Besatzgewässer im September 2018 war negativ.
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Besatz mit Edelkrebsen, die über den Anglerverband Niedersachsen von der Edelkrebszucht Göckemeyer (Poggenhagen bei Neustadt am Rübenberge) bezogen werden. Dabei handelt es sich um die Nachkommen eines Wildstammes aus der Bewer im Solling (LK Northeim), die in die Ilme (Flusssystem Weser) mündet. Die potentiellen Besatzgewässer liegen ca. 20 km (Luftlinie) von der Ursprungspopulation entfernt, sodass davon auszugehen ist, dass sie bestmöglich die ursprüngliche genetische Situation des Sollings repräsentieren und somit hervorragend an den neuen Lebensraum angepasst sind.
→ Besatz des Krummen Wassers bei Kuventhal.
→ Besatz des Kolonieteichs.
- Nach dem Initialbesatz sollen die Ausbreitung und eine mögliche Reproduktion der Edelkrebse in den Gewässern beobachtet werden. Die mit schonenden Krebsreusen gefangenen Tiere werden direkt am Gewässer vermessen und es wird das Geschlecht bestimmt. Danach werden sie an den Fangorten zurückgesetzt. Zusätzlich zu den Krebskorbbefischungen kann der Nachweis der besetzten Edelkrebse im Rahmen der jährlich stattfindenden Elektrobefischungen erfolgen.
- Das Projekt verfolgt das Ziel, vitale und sich selbst erhaltende Edelkrebspopulationen im Oberlauf des Krummen Wassers sowie im Kolonieteich zu etablieren. Dadurch soll die genetische Ressource des so genannten „Sollingstammes“ nachhaltig gesichert werden.
Im Oktober 2018 wurde das Projekt von der Bingo-Umweltstiftung als Projekt des Monats ausgezeichnet. Hierzu zeigte der Norddeutsche Rundfunk am 14.10.2018 einen Kurzbeitrag in seiner Sendung „Bingo! – Die Umweltlotterie“. Dieser ist kann in der NDR-Mediathek angeschaut werden (ab Minute 53:00). Der Beitrag ist mittlerweile leider nicht mehr online verfügbar.